E i c h e    a l s    G a l g e n b a u m

Die Eiche – ein Galgenbaum
 
Die Eiche zählt zu den imposanten Laubbäumen unserer Heimat. Eichen werden viele hundert Jahre alt und produzieren ein widerstandsfähiges Bauholz. Die Rinde der Jungbäume enthalten viele Gerbstoffe, die man zur Lederherstellung nutze, aber auch für die traditionelle Heilkunde. Und die Baumfrüchte, die Eicheln, sind ein wichtiges Tierfutter im Herbst vor allem für Schweine.
 
Um die Eiche ranken sich Kulte und Legenden. Unter alten Eichen sprach man in Frühzeiten wichtige Urteile, hielt Versammlungen ab und später wurden schriftliche Anordnungen am Eichenstamm genagelt. Einzelne Eichen standen nicht selten im Zentrum eines Dorfes. Doch auch als Hinrichtungsort war die Eiche benutzt worden. Die Bäume standen über mehrere Generationen als feste Ortsmarkierung. Die Äste sind stabil und tragen auch schwere Lasten, wachsen meist waagerecht vom Stamm und in erreichbarer Höhe. Für einen Galgen sehr geeignet. Eine Galgeneiche stand außerdem auf einem Hügel oder einer Anhöhe. Hinrichtungen waren öffentliche Ereignisse und das Volk sollte einen guten und freien Blick haben. Doch Eichen als Galgen standen auch immer außerhalb der Ortschaften, weit weg von den anständigen Bewohnern. Man liebte zwar die öffentlichen Hinrichtungen, wollte aber keinen Galgenbaum im Ort.
 
Heute klingt es grausam, doch der Tod am Galgen galt damals als humane Hinrichtung. Und Hinrichtung war nicht gleich Hinrichtung. Hier gab es zahlreiche Abstufungen.        
Eine fast ehrenhafte Hinrichtung war die Enthauptung durch das Schwert. Für schwere Verbrechen folgte hingegen ein schmerzvoller und grausamer Tod, z.B. mit dem Rad. Hierbei wurden mit schweren Wagenrädern dem Verurteilten die Arme und Beine zerschmettert und erst am Ende der Leib zerstört. Schon im alten Rom kannte man unterschiedliche Hinrichtungsarten, je nach schwere des Verbrechens, aber auch nach sozialem Stand des Verurteilten. Sogar Jesus wurde als gemeiner Verbrecher gekreuzigt. Meist hingen die Verurteilten viele Stunden, manchmal Tage am Kreuz, Arme und Beine durchnagelt. Wurden dann dem Verurteilten nach einem Tag die Beine gebrochen, galt es als Gnade, denn der am Kreuz gehängte hing nur noch an seinen Armen und starb relativ schnell.
 
Der Tod am Galgen war also eine „normale und zivilisierte“ Hinrichtungsart. Für Briesen war die letzte öffentliche Hinrichtung am Galgen vor über 300 Jahren.
Im Jahre 1678, am 28. Januar, „hat Erdmann Ladewig aus Briesen gebürtig, die Kirche bei Nacht bestiegen, die Kirchenlade aufgebrochen, die beiden Kelche mit den Patenchen, wie auch die Kirchenbüchse, darin das Geld, welches im Klingelbeutel gesammelt wird und dazumal ungefähr 2 Taler darin gewesen, gestohlen.“
Dieser Kirchenraub wurde am folgenden Tag glücklich aufgeklärt und der Kirchendieb nach Frankfurt a.O. gebracht und ins Gefängnis geworfen. Erdmann Ladewig bekannte sich zur Tat und gab auch noch andere Straftaten zu. Wahrscheinlich unter Folter, wie es zur damaligen Zeit üblich war. Für all seine Verbrechen wurde er am 9. März 1678 nach Urteil und Recht verurteilt und vor Briesen, auf dem Galgenberg aufgehenkt.
 
Der Galgenberg befand sich zwischen Jacobsdorf und Briesen am Waldrand. Eine alte Eiche diente an dieser Stelle als Galgen und diese Eiche steht vermutlich noch heute.
In den Kirchenbüchern findet man Erdmann Ladewig nicht. Meist wurden die Leichen von Hingerichteten nicht auf dem „Gottesacker“ hinter der Kirche bestattet. Es ist anzunehmen, daß die Leichen unmittelbar am Galgenberg begraben wurden, ohne Tafel und Grabstein. Der Raub in einer Kirche galt als schwere Sünde und damit war eine Totenmesse durch den Pfarrer ausgeschlossen. In späteren Zeiten wurden die Eichen nicht mehr als Galgen benutzt. Die Urteile wurden in den Hinrichtungsstätten der Städte vollzogen, ohne Schaulustige. Doch die Menschen erinnerten sich noch über viele Generationen an die Galgenbäume, die alten Eichen und den Galgenberg. Und manche Orte tragen sogar noch die Namen.
 
R. Kramarczyk – Ortschronik Briesen (Mark)